Unterprojekt 2: Sozio-Technische Transformationen
Die durch die wachsende globale Vernetzung entstehenden Infrastrukturen, zum Beispiel im Bereich der Kryptowährungen, stellen selbst soziale Kooperationsordnungen jenseits der Nationalstaaten dar. Die Teilnehmer dieser Netzwerke, die sich etwa der dezentralen Distributed Ledger Technologie (DLT) bedienen, agieren in einem gemeinsamen System, in dem die Teilnahmebedingungen dezentral verwaltet und ohne Rückgriff auf nationalstaatliche Regelungsmodelle gestaltet werden.
Die Funktionsweise dieser Netzwerke ist komplex und besteht sowohl aus einem mehrschichtigen Programmcode sowie aus dynamischen Interaktionen der Netzwerkteilnehmer. Durch diese Struktur und das ständige Ein- und Austreten von Netzwerkteilnehmern sind die vom System selbst gesetzten Regeln in ständiger Bewegung. Folge dieser Dynamik ist eine sich mit der Entwicklung des Netzwerks anpassende dezentralisierte Regelungsumgebung, die zu einer intern dynamischen und nicht-hierarchischen Regelungsstruktur beiträgt.
Eine zentrale Forschungsfrage bezieht die Rolle des Staates oder privater Intermediäre in dieser Umgebung mit ein. Die Vorteile dieser dynamischen Organisationsform stehen grundsätzlich in einem Spannungsverhältnis mit einem Mangel an Rechtssicherheit durch ständige Veränderung der Netzwerkstruktur. Welche Garantiefunktionen übernimmt staatliche Ordnungsbildung und wie können diese im Rahmen neuer Technologien kompensiert werden? Hier rückt insbesondere auch die Rolle privater Akteure in den Blick. Insbesondere in Deutschland ist die Zusammenarbeit des öffentlichen Sektors mit privaten Unternehmen zum Aufbau einer digitalen Infrastruktur (etwa im Gesundheits- oder im Steuerwesen) noch nicht Gegenstand vertiefter Untersuchungen gewesen. Die damit einhergehende Erosion von öffentlichen und privaten Akteuren eröffnet ein Forschungsfeld, in dem sich nicht zuletzt die Frage nach der zukünftigen Entwicklung von politischen Gemeinwesen stellt.
Im Rahmen dieses Unterprojektes sollen insbesondere die folgenden Punkte bearbeitet werden:
- die wachsende Bedeutung transnationaler Technologieunternehmen im öffentlichen Sektor.
- der Einsatz von privat entwickelten und kontrollierten Algorithmen in Fragen öffentlicher Regulierung und Entscheidungsfindung.
- Einsatz von smarten Geräten (Internet of Things, IoT) in Interaktionen zwischen Staat und Bürger.
- Informationsasymmetrien zwischen Staat, Bürger und privaten Unternehmen.
- Anforderungen an Transparenz und Verantwortlichkeit von privat kontrollierten Prozessen mit Wirkung in den öffentlichen Raum (z.B. Betrieb von Serverfarmen).