On Our Way to a European Arbitration? – Decision Making by International Arbitral Tribunals in the Context of the European Integration
10.06.2014Seminarbericht von Gitty Narymany Shandy
Deutsch-belgisches Seminar in Den Haag zum Verhältnis von Europarecht und Internationaler Schiedsgerichtsbarkeit
“On Our Way to a European Arbitration? – Decision Making by International Arbitral Tribunals in the Context of the European Integration” – dies war der komplexe Titel des Seminars des Schwerpunktbereiches 3, das im Sommersemester 2014 von Prof. Bien veranstaltet wurde. In zehn Einzelthemen beschäftigten die Seminarteilnehmer sich mit den Einflüssen des Europarechts auf das Recht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und fragten nach Perspektiven für ein weitgehend harmonisiertes europäisches Recht der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Das Spektrum der behandelten Themen reichte von der Bedeutung der EMRK für internationale Schiedsverfahren über die ordre public-Kontrolle von Schiedssprüchen im Bereich des Verbraucherschutz- und Kartellrechts bis hin zum Verhältnis zwischen völkerrechtlichem Investitionsschutzrecht und Unionsrecht.
Knapp zwei Wochen nach der Abgabe der Seminararbeit fuhren fünf Studenten des 4. bis 8. Semesters unter der Leitung von Prof. Bien und des wissenschaftlichen Mitarbeiters Matthias Keller nach Den Haag um ihre Seminarvorträge zu halten. Eine Gruppe von Studenten der Universität Gent hatte im Rahmen der Vorlesung „International Commercial Arbitration“ von Prof. Maud Piers ebenfalls Vorträge vorbereitet. Prof. Piers wurde von ihrem Assistenten Cedric Vanleenhove nach Den Haag begleitet. Auch der Frankfurter Rechtsanwalt und Partner der Sozietät King&Spalding Jan K. Schäfer, ein Experte im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit, bereicherte unsere Gruppe.
Wir kamen nach einer kurzweiligen Bahnfahrt in Den Haag an und wurden bereits bei der Begrüßung durch die belgische Gruppe überrascht. Nur drei der 21 Genter Studenten waren Belgier, die überwiegende Mehrzahl waren Erasmus- und LL.M.-Studenten aus unter anderem Tschechien, Spanien, Russland, Schottland und China. Das englischsprachige Vorlesungsprogramm der belgischen Universität schien für die Gaststudenten ein wesentliches Kriterium bei der Wahl des Studienortes zu sein. Nach einer kurzen Kaffeepause im Konferenzraum des T.C.M. Asser Institutes begannen wir auch direkt mit den ersten Vorträgen. Zwei belgische Studenten und die zwei Würzburger Studentinnen Franziska Troll und Franziska Büchlein trugen die Ergebnisse ihrer Seminararbeit zu dem Thema „The impact of art. 6 § 1 ECHR on International Arbitration“ vor. Im Anschluss daran wurden „Preliminary Decision Proceedings after Art. 267 TFEU and International Arbitration“ und „The protection of consumers against unfair arbitration agreements“ diskutiert. Leider musste die für das Abendprogramm geplante Fahrradtour durch die Dünen ausfallen, da es aus Strömen regnete. Nichtsdestotrotz stürzten sich Prof. Bien, Matthias Keller und eine Gruppe Würzburger und Genter Studenten nach dem Abendessen in das Nachtleben von Den Haag und man kam sich bei einem leckeren belgischen Bier näher.
Am Freitag erwartete uns ein volles Programm. Nach dem Frühstück im Hostel fuhren wir wieder zum T. C. M. Asser Institute um uns mit dem von drei belgischen Studenten vorgestellten Thema „EU-Antitrust Law as a Matter of Public Policy for the Purposes of the Enforcement of International Awards“ zu beschäftigen. Auch die Problematik der schiedsgerichtlichen Entscheidung privater Schadensersatz wegen Verletzung des EU-Kartellrechts wurde unter dem Titel „Private Damages Actions for Breach of EU-Competition Law before Arbitral Tribunals“ von zwei belgischen Studenten und einem Würzburger Studenten, Marc Mayer, anschaulich dargestellt und erklärt. Da das Wetter uns an diesem Tag für einige Stunden wohlgesonnen war, konnten wir unsere Mittagspause mit den mitgebrachten Lunchpaketen in der idyllischen Gartenanlage des Diplomatenviertels Den Haags verbringen. Auch während des Besuches des Friedenspalastes konnten wir die Sonne genießen. Der Friedenspalast wurde von 1907 bis 1913 gebaut und ist Sitz des Internationalen Gerichtshofes, des Ständigen Schiedshofes und der Haager Akademie für Völkerrecht. Hanno Wehland, Rechtsbeistand des Ständigen Schiedshofes, hielt einen sehr interessanten Vortrag über die Geschichte des Friedenspalastes und die Vor- und Nachteile der ICSID- und UNCITRAL-Schiedsordnungen. Nach dem faszinierenden Einblick in die Arbeitswelt eines „Legal Counsels“ am Ständigen Schiedshof standen auch schon die nächsten Vorträge und Präsentationen an. Aufgrund des guten Wetters wurde der Plan aber geändert und wir fuhren gemeinsam nach Scheveningen an den Strand. Wir machten eine wunderschöne Dünen- und Strandwanderung und genossen die Sonne in einem kleinen Café am Strand. Nach der Rückkehr ins Hostel standen noch vier Vorträge auf dem Plan. Julia Mast diskutierte mit zwei belgischen Studenten die Frage „European Policy: are we still saying „No!“ to a „revision au fond“?“ Die letzte Präsentation des Tages war meine eigene zu dem Thema „International Investment Protection in intra-EU-cases on the Grounds of the Energy Charter Treaty“.
Am nächsten Tag sollten wir nachmittags auch schon wieder nach Hause fahren. Zuvor erwarteten uns aber noch Präsentationen zu drei sehr interessanten Themen: zunächst wurde diskutiert, ob es möglich sei im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit Gruppenklagen einzuführen („A Workable Class Arbitration Model for Europe?“). Die nächsten zwei Vorträge trugen den Titel „An analysis of the impact of the ADR Directive on arbitration: efficiency v. fairness?”. Zuletzt widmeten wir uns der Frage der Zuständigkeit der Gerichte: „Europe as a place of arbitration: a jumble of competent courts?“. Nach einigen abschließenden Worten von Frau Prof. Maud Piers (Prof. Bien musste uns leider Samstag früh bereits verlassen), genossen wir unser letztes Mittagessen im Hostel und verabschiedeten uns von der belgischen Studentengruppe. Da leider die Zeit für einen Besuch des historischen Gartens des Friedenspalastes etwas knapp war, tranken wir gemeinsam mit Herrn Schäfer in der Stadt noch einen Kaffee und machten uns dann wieder auf die Heimreise.
Insgesamt waren es durch die Fülle an Vorträgen, die alle in englischer Sprache gehalten wurden, drei anstrengende aber auch sehr interessante Tage. Die gemeinsamen Essen und Ausflüge trugen sehr zur allgemeinen guten Stimmung des Seminars bei. Wertvolle Bande wurden auch zu den belgischen bzw. internationalen Studenten geknüpft. Sehr herzlich danken möchten wir Herrn Prof. Bien für die Anregung des internationalen Seminars und die Aufmunterung sich an der Herausforderung eines englischsprachigen Vortrags zu versuchen. Frau Prof. Maud Piers unterstützte die Diskussion durch weiterführende Gedanken und Hinweise. Schließlich gilt unser Dank auch Herrn Keller, der die Fahrt organisiert hat, und Herrn Schäfer für die wertvolle Sichtweise eines in der Praxis tätigen Schiedsrichters.
Gitty Narymany Shandy, studentische Hilfskraft am LS Prof. Bien
Einige Eindrücke vom Seminar in Den Haag finden Sie hier.