Seminar im SS 2012
Seminarfahrt nach Straßburg (4.-7. Juni 2012)
In den letzten Jahren hat sich der Einfluss des Europäischen Rechts auf das Arbeits- und Sozialrecht in Deutschland weiter verstärkt. Neben den Einrichtungen der Europäischen Union sind nun auch der Europarat bzw. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) durch Entscheidungen zum Koalitions- und Streikrecht im öffentlichen Dienst und zu Loyalitätspflichten im kirchlichen Arbeitsverhältnis als Akteure verstärkt in Erscheinung getreten.
Neben Brüssel und Luxemburg ist Straßburg als Sitz des Europarats und des Europäischen Parlaments einer der wichtigsten Orte für europäische Rechtsetzung und Rechtsprechung. Nachdem Brüssel im SS 2007 (Lehrstühle Kerwer und Weber) und Luxemburg im WS 2008/09 (Lehrstuhl Kerwer) und SS 2006 bzw. WS 2009/10 (Lehrstuhl Weber) Ziel einer Seminarfahrt waren, war es nur konsequent, dass nun Straßburg an der Reihe war.
Aus diesen Gründen veranstalteten Prof. Hofmann, Prof. Kerwer und Prof. Weber im SS 2012 ein gemeinsames Seminar mit dem Titel „Aktuelle Fragen des deutschen und europäischen Arbeits- und Sozialrechts“. Da die Seminargruppe mit 29 Studenten relativ groß war, wurden bereits am 1. und 2. Juni einige Seminarvorträge in kleineren Gruppen in Würzburg gehalten, ehe die restlichen Themen im Rahmen der Seminarfahrt in Straßburg diskutiert werden konnten.
Das Programm der viertägigen Exkursion war so gegliedert, dass neun der zwölf in Straßburg vorzutragenden Themen an den ersten beiden Tagen zur Diskussion stehen sollten, während die letzten beiden Tage – neben den übrigen drei Vorträgen – dem Besuch der europäischen Einrichtungen dienen sollte.
In den ersten Präsentationen der Studenten am Montagnachmittag wurde den Studenten ein Überblick über die Rechtsetzungskompetenzen des Europäischen Gesetzgebers im Arbeits- und Sozialrecht verschafft und die Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung zum Bereitschaftsdienst dargestellt. Die nächsten drei – am Dienstagmorgen gehaltenen – Seminarvorträge betrafen die Tätigkeit des EGMR im Arbeitsrecht, während die am Dienstagnachmittag präsentierten Themen dem Sozialrecht, insbesondere den Problemkreisen um die Wanderarbeitnehmerverordnung und dem Einfluss der Dienstleistungsfreiheit auf das Sozialrecht gewidmet waren. Die letzten drei Vorträge im Rahmen des Seminars (Mittwochnachmittag) hatten schließlich Fragen des Befristungsrechts und die Bedeutung des Europarats für das Arbeitsrecht zum Gegenstand.
Bei dem Besuch des EGMR (Mittwochvormittag) stellte den Teilnehmern ein am EGMR beschäftigter Jurist im großen Plenarsaal des Gebäudes einige Urteile und deren Auswirkungen im nationalen Recht vor. Er erörterte dabei vor allem auch die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, dass die Urteile für die nationalen Gesetzgeber nicht zwingend sind. Dabei hatten sowohl die teilnehmenden Studenten als auch die Mitarbeiter der Lehrstühle Gelegenheit, z.T. kritische Zwischenfragen zu stellen.
Am Morgen des letzten Tages besuchte das Seminar das Europäische Parlament und wurde dort von einer Begleiterin in dem weitgehend leer stehenden Komplex (die Ausschüsse des Parlaments tagten zu dieser Zeit in Brüssel) herumgeführt und über die tägliche Arbeit des Europäischen Parlaments informiert.
Der letzte Programmpunkt am Donnerstagnachmittag war der Besuch des Europarats. Besonders interessant für die Teilnehmer war in diesem Zusammenhang, dass – nach einer kurzen Führung durch das Gebäude – ein am Europarat beschäftigter deutscher Jurist, der uns Einblick in die Arbeit der Organisation geben sollte, gerade auch für die Gestaltung des Arbeitsrechts für die Angestellten des Europarats zuständig war.
Neben diesen fachlichen Programmpunkten sah das Seminar aber auch ein paar nichtjuristische Termine vor. So wurde etwa am Abend des ersten Seminartages ein Altstadtrundgang angeboten, bei dem die Teilnehmer das Straßburger Münster und andere bedeutende Wahrzeichen der Stadt besuchen konnten und von der sehr engagierten Stadtführerin z.T. sehr tiefsinnige Anekdoten zu hören bekamen. Ein weiterer Punkt war der Besuch eines elsässischen Weinguts mit anschließender Verköstigung lokaler Weine.
Die Heimfahrt am Donnerstagabend gestaltete sich deutlich ruhiger als die Hinfahrt, was daran lag, dass die Studenten die vielen Eindrücke, die sie in Straßburg in rechtlicher Hinsicht gewinnen konnten, erst einmal verarbeiten mussten. Nach anderer Ansicht lag es aber auch an der z.T. deutlichen Übernächtigung der Teilnehmer. In jedem Fall aber kann man auf ein Seminar zurückblicken, dass für alle eine fachliche und kulturelle Bereicherung darstellt.