Intern
    Lehrstuhl für Internationales Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

    Blockseminar Frankfurt am Main

    Blockseminar Frankfurt/Sachsenhausen WS 2016/17

    Gemeinsames Blockseminar der Universität Würzburg und Mainz zum Beweis im Strafverfahren aus rechtsgeschichtlicher und rechtsvergleichender Sicht

    vom 19. bis 21. Januar 2017

    Von Wiss. Mit. Franziska Cichon

    [Erstveröffentlichung in: ALUMNIintern, SoSe 2017]

    Der Beweis und die Beweiswürdigung haben zentrale Bedeutung in jedem Strafverfahren. Die Verurteilung soll nach dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung erfolgen. Dies kennt jeder Studierende aus den Strafrechtsvorlesungen. Trotz seiner zentralen Bedeutung wird der Beweis im Strafverfahren in der juristischen Ausbildung für das erste juristische Staatsexamen eher stiefmütterlich und nur rudimentär im Schwerpunkt der Kriminalwissenschaften behandelt. Grundidee der Organisatoren Prof. Dr. Frank P. Schuster (Universität Würzburg) und Prof. Dr. Jan Zopfs (Universität Mainz) war es deshalb, den Horizont der Studierenden für praxisrelevante Fragestellungen des Beweises im Strafverfahren zu erweitern. Das dreitägige Seminar widmete sich verschiedenen Beweisarten, vom Geständnis des Angeklagten über den Zeugenbeweis zu modernen Indizienbeweisen, wie dem genetischer Fingerabdruck. Betrachtet wurden die Ursprünge in der Carolina bis hin zu ganz neuen Fragestellungen im digitalen Zeitalter. Dabei wurde der Beweis und seine Entwicklung aus rechtsgeschichtlicher und rechtsvergleichender Perspektive, in der deutschen und in fremden Rechtsordnungen, behandelt. Die Teilnehmer, eine Mischung aus Schwerpunktstudierenden, Studierenden des Begleitstudiums, Doktoranden und Mitarbeitern beider Universitäten, beschäftigten sich im Rahmen einer Seminararbeit mit den verschiedenen Themen und stellten diese in einem mündlichen Vortrag mit anschließender Diskussion vor, in der die Teilnehmer die Möglichkeit hatten, Fragen zu stellen und über die aufgeworfenen Hypothesen der Vortragenden zu diskutieren.

    Die Seminarteilnehmer machten sich mit dem Zug auf den Weg zum Veranstaltungsort, der DJH Frankfurt Sachsenhausen. Dort angekommen begannen nach einer kurzen gegenseitigen Vorstellungsrunde bereits die ersten Seminarvorträgen zum Themenblock des Beschuldigten. Einen Einstieg boten die Themen „Bedeutung des Geständnisses und dessen Entwicklung“, „das Geständnis im Rahmen einer Verfahrensabsprache“ und „das Schweigen im angelsächsischen Strafprozess“. Gegen Nachmittag folgte der zweite Themenblock des Indizienbeweises mit der Entwicklung kriminalistischer Beweise vom Fingerabdruck bis zur DNA. Nach dem offiziellen Teil blieb auch Zeit zum gemeinsamen Kennenlernen der Teilnehmer untereinander beim Abendessen in einem Apfelweinlokal in Sachsenhausen. Hier probierten vor allem die Würzburger zum ersten Mal regionale Spezialitäten, wie den „Äppelwoi“ aus dem „Bembel“ oder die „Grüne Soße“ zum Frankfurter Schnitzel (auch wenn der Apfelwein nicht zum neuen Lieblingsgetränk der Würzburger wurde).

     

    Am nächsten Vormittag folgte ein Besuch der kriminaltechnischen Lehrmittelsammlung im Polizeipräsidium Frankfurt. Während der hochinteressanten Führung durch einen Kriminalbeamten wurden den Teilnehmern verschiedene bekannte Kriminalfälle aus dem Großraum Frankfurt (etwa der noch immer unaufgeklärte Mord an Rosemarie Nitribitt oder der Fall des Berbermörders), typische kriminelle Vorgehensweisen und Gegenstände der polizeilichen Ausstattung vorgestellt.

    Wieder zurück im Tagungsraum beschäftigte sich die Gruppe mit dem Zeugenbeweis im Strafrecht, dessen geschichtlicher Entwicklung, Glaubwürdigkeitsgutachten, dem Konfrontationsrecht mit Belastungszeugen und den aktuellen Entwicklungen des Beweises im digitalen Zeitalter im Rahmen von Ermittlung in sozialen Netzwerken und in der Cloud. Den Abschluss bildeten die geschichtliche Entwicklung der Geschworenen und Schöffen in Deutschland und im angloamerikanischen Raum, ergänzt um einen kurzen Einblick in den indischen Strafprozess (dort wurden die Geschworenengerichte 1947 abgeschafft). Die engagierte Mitarbeit und die durchweg gute Stimmung trugen zu einer gelungenen und lebhaften Diskussion bei. Sie beruhte nicht zuletzt auf der sympathischen und routinierten Moderation von Prof. Dr. Schuster und Prof. Dr. Zopfs.

    Insgesamt ist das dreitägige Seminar in Kooperation mit der Universität Mainz als voller Erfolg zu bezeichnen. Die Teilnehmer konnten in lockerer und ungezwungener Atmosphäre, auch bei gemeinsamen allabendlichen Begegnungen, über den universitären „Tellerrand“ hinaussehen und Kontakte mit Professoren und Studierenden anderer Universitäten knüpfen.